Die Bestimmung des § 5a Abs. 2 UWG begründet keine generelle Informationspflicht, sondern verpflichtet grundsätzlich allein zur Offenlegung solcher Informationen, die für die geschäftliche Entscheidung erhebliches Gewicht haben und deren Angabe unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Unternehmer erwartet werden kann. Ein Rechtsanwalt ist weder nach § 10 Abs. 1 BORA noch nach § 5a Abs. 2 UWG verpflichtet, auf den für seine anwaltliche Tätigkeit verwendeten Briefbögen sämtliche Standorte seiner Niederlassungen zu nennen oder durch Verwendung der Begriffe „Kanzlei“ und „Zweigstelle“ kenntlich zu machen, wo er seine Kanzlei im Sinne von § 27 Abs. 1 BRAO und wo er Zweigstellen unterhält.

Ein Rechtsanwalt ist nach § 10 Abs. 1 BORA auch nicht verpflichtet, auf den für seine anwaltliche Tätigkeit in einer Zweigstelle verwendeten Briefbögen den Standort der Kanzlei im Sinne von § 27 Abs. 1 BRAO anzugeben. Er hat nach dieser Bestimmung auf solchen Briefbögen nur die Anschrift der Zweigstelle und nicht auch die Anschrift der (Haupt-)Kanzlei anzugeben.
Der Rechtsanwalt ist weder nach § 10 Abs. 1 BORA noch nach § 37a Abs. 1 HGB oder § 5a Abs. 2 UWG verpflichtet, auf den für seine anwaltliche Tätigkeit verwendeten Briefbögen sämtliche Standorte seiner Niederlassungen zu nennen; selbst wenn eine solche Verpflichtung bestünde, hätte der Rechtsanwalt ihr dadurch entsprochen, dass er auf der Rückseite dieser Briefbögen sämtliche Standorte seiner Niederlassungen angegeben hat. Der Rechtsanwalt ist auch weder nach § 10 Abs. 1 BORA noch nach § 5a Abs. 2 UWG verpflichtet, durch Verwendung der Begriffe „Kanzlei“ und „Zweigstelle“ kenntlich zu machen, wo er seine Kanzlei im Sinne von § 27 Abs. 1 BRAO und wo er Zweigstellen unterhält.
Der Rechtsanwalt ist nicht nach § 10 Abs. 1 BORA verpflichtet, auf den für seine anwaltliche Tätigkeit verwendeten Briefbögen sämtliche Standorte seiner Niederlassungen zu nennen.
Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 BORA in der seit dem 1.03.2011 geltenden Fassung hat der Rechtsanwalt auf Briefbögen seine Kanzleianschrift anzugeben. Werden mehrere Kanzleien, eine oder mehrere Zweigstellen unterhalten, so ist gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 BORA für jeden auf den Briefbögen Genannten seine Kanzleianschrift (§ 31 BRAO) anzugeben.
Aus § 10 Abs. 1 BORA ergibt sich keine Verpflichtung zur Angabe des Kanzleistandorts, sondern eine Verpflichtung zur Angabe der Kanzleianschrift. Die Klägerin nimmt den Rechtsanwaltn jedoch nicht wegen Vorenthaltens der Kanzleianschrift, sondern wegen Fehlens eines Hinweises auf andere Standorte seiner Kanzlei auf Unterlassung in Anspruch. Ein solcher Anspruch kann nicht auf einen Verstoß gegen § 10 Abs. 1 BORA gestützt werden. Daran ändert der Umstand nichts, dass die Kanzleianschrift den Kanzleiort enthält.
Aus § 10 Abs. 1 BORA ergibt sich zudem keine Verpflichtung des Rechtsanwalts, der eine Kanzlei und eine oder mehrere Zweigstellen unterhält, auf den für seine anwaltliche Tätigkeit in den verschiedenen Niederlassungen verwendeten Briefbögen mehr als eine Anschrift zu nennen. Ein Rechtsanwalt muss auf den Briefbögen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 BORA „seine Kanzleianschrift“ und damit nur eine Anschrift angeben. Entsprechendes gilt für eine Sozietät von Rechtsanwälten, die mehrere Kanzleien oder eine oder mehrere Zweigstellen unterhalten. Für jeden Rechtsanwalt einer solchen Sozietät, der auf den Briefbögen genannt wird, muss auf den Briefbögen nach § 10 Abs. 1 Satz 2 BORA „seine Kanzleianschrift“ und damit nur eine Anschrift angegeben werden.
Der Rechtsanwalt ist auch nach § 37a Abs. 1 HGB nicht verpflichtet, auf den für seine anwaltliche Tätigkeit verwendeten Briefbögen sämtliche Standorte seiner Niederlassungen zu nennen.
Gemäß § 37a Abs. 1 HGB muss der Kaufmann auf allen Geschäftsbriefen, die er an einen bestimmten Empfänger richtet, unter anderem den Ort seiner Handelsniederlassung angeben.
Die Vorschrift ist nicht unmittelbar anwendbar. Sie gilt nur für Kaufleute und damit nicht für Angehörige eines freien Berufs wie den Rechtsanwaltn. Eine entsprechende Anwendung dieser Bestimmung kommt nicht in Betracht, da im Blick auf § 10 Abs. 1 BORA keine planwidrige Regelungslücke besteht. Es kann daher offenbleiben, ob ein deutscher Einzelkaufmann auf Geschäftsbriefen einer Zweigniederlassung auch den Ort der Hauptniederlassung oder nur den Ort der Zweigniederlassung anzugeben hat[1].
Der Rechtsanwalt ist auch nach § 5a Abs. 2 UWG nicht verpflichtet, auf den für seine anwaltliche Tätigkeit verwendeten Briefbögen sämtliche Standorte seiner Niederlassungen zu nennen.
Gemäß § 5a Abs. 2 UWG handelt unlauter, wer die Entscheidungsfähigkeit von Verbrauchern im Sinne des § 3 Abs. 2 UWG dadurch beeinflusst, dass er eine Information vorenthält, die im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunikationsmittels wesentlich ist.
Das Bestehen weiterer Niederlassungen eines Rechtsanwalts an anderen Standorten ist keine wesentliche Information im Sinne dieser Bestimmung. Eine solche Information gilt weder nach § 5a Abs. 3 UWG oder § 5a Abs. 4 UWG als wesentlich im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG, noch ist sie im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunikationsmittels wesentlich.
Werden Waren und Dienstleistungen unter Hinweis auf deren Merkmale und Preis in einer dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Weise so angeboten, dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann, gelten nach § 5a Abs. 3 Nr. 3 Fall 1 UWG die Identität und Anschrift des Unternehmers als wesentliche Informationen im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG, sofern sie sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergeben.
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist nicht auf ein Vorenthalten der Kanzleianschrift, sondern auf das Fehlen eines Hinweises auf andere Kanzleistandorte gestützt und kann schon deshalb nicht aus dieser Bestimmung hergeleitet werden.
Als wesentlich im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG gelten nach § 5a Abs. 4 UWG auch Informationen, die dem Verbraucher aufgrund unionsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung unionsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen.
Eas Fehlen von Angaben zu anderen Niederlassungen des Rechtsanwalts verstößt nicht – was hier insoweit allein in Betracht kommt – gegen die Verordnung über Informationspflichten für Dienstleistungserbringer (DLInfoV), die der Umsetzung der Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt dient.
Gemäß § 2 Abs. 1 DLInfoV muss ein Dienstleistungserbringer einem Dienstleistungsempfänger vor Abschluss eines schriftlichen Vertrages oder, sofern kein schriftlicher Vertrag geschlossen wird, vor Erbringung der Dienstleistung in klarer und verständlicher Form unter anderem die Anschrift seiner Niederlassung (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 DLInfoV) und, falls – wie hier – die Dienstleistung in Ausübung eines reglementierten Berufs im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen erbracht wird und der Erbringer der Dienstleistung einer Kammer angehört, den Namen der Kammer (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 DLInfoV) zur Verfügung stellen. Eine Verpflichtung des Rechtsanwalts zur Angabe weiterer Niederlassungen ergibt sich aus diesen Regelungen nicht.
Die Information über das Bestehen weiterer Niederlassungen des Rechtsanwalts ist auch nicht im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunikationsmittels wesentlich (§ 5a Abs. 2 UWG). Ein Rechtsanwalt ist nicht verpflichtet, auf den für seine anwaltliche Tätigkeit verwendeten Briefbögen auf sämtliche Niederlassungen hinzuweisen[2].
Die Präsenz eines Rechtsanwalts in seinem Büro mag – wie das Berufungsgericht angenommen hat – ein Umstand sein, der für die Entscheidung eines Durchschnittsverbrauchers bei der Auswahl eines Rechtsanwalts von Bedeutung ist[3]. Ein Durchschnittsverbraucher wählt einen Rechtsanwalt möglicherweise nicht nur nach seiner Qualifikation und Spezialisierung aus, sondern auch danach, inwieweit er für Gespräche in seinem Büro zur Verfügung steht. Für einen solchen Verbraucher kann die Information, dass ein Rechtsanwalt weitere Niederlassungen an anderen Standorten unterhält, von Interesse sein, weil sich daraus ergibt, dass die Präsenz des Rechtsanwalts an den einzelnen Standorten eingeschränkt ist.
Das bedeutet allerdings nicht, dass es sich dabei um eine wesentliche Information im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG handelt, die dem Verbraucher nicht vorenthalten werden darf. Eine Information ist nicht allein deshalb wesentlich im Sinne dieser Bestimmung, weil sie für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers von Bedeutung sein kann. Für einen Durchschnittsverbraucher mögen bei der Auswahl eines Rechtsanwalts beispielsweise auch dessen Examensnoten von Interesse sein. Dennoch besteht sicherlich keine Verpflichtung des Rechtsanwalts, seine Examensnoten anzugeben. Desgleichen gibt es zahlreiche Gründe für eine eingeschränkte Präsenz des Rechtsanwalts in seiner Kanzlei, die dem Verbraucher gleichfalls nicht mitgeteilt werden müssen, wie etwa den Umstand, dass der Rechtsanwalt nur halbtags als Rechtsanwalt tätig ist und sich im Übrigen anderen Beschäftigungen widmet. Die Bestimmung des § 5a Abs. 2 UWG begründet zwar Informationspflichten, die über das hinausreichen, was notwendig ist, um Fehlvorstellungen zu vermeiden, die sich andernfalls einstellen würden; dass derartige unerlässliche Informationen nicht verschwiegen werden dürfen, ergibt sich bereits aus § 5a Abs. 1 UWG und damit aus dem allgemeinen Irreführungsverbot[4]. Doch auch die weiterreichenden Pflichten, die nach § 5a Abs. 2 UWG im Interesse des Verbraucherschutzes zu erfüllen sind, zwingen nur zur Offenlegung von Informationen, die für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers erhebliches Gewicht haben und deren Angabe unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Unternehmer erwartet werden kann[5]. Der Umstand, dass ein Rechtsanwalt mehrere Niederlassungen unterhält, zählt nicht dazu.
Selbst wenn der Rechtsanwalt verpflichtet wäre, auf den für seine anwaltliche Tätigkeit verwendeten Briefbögen sämtliche Standorte seiner Niederlassungen zu nennen, hätte er dieser Verpflichtung dadurch entsprochen, dass er auf der Rückseite der Briefbögen diese Angaben gemacht hat.
Auf der Rückseite der Briefbögen für die Kanzlei in Erfurt sind sowohl die (farblich hervorgehobene) Anschrift dieser Kanzlei als auch die Anschriften der Kanzleien in Mainz und Karlsruhe angegeben. Der Rechtsanwalt ist für die Kanzlei in Erfurt an zweiter Stelle von drei Rechtsanwälten, für die Kanzlei in Mainz an erster Stelle von drei Rechtsanwälten und für die Kanzlei in Karlsruhe an zweiter Stelle von zwei Rechtsanwälten genannt. Die Rückseite der Briefbögen für die Kanzleien in Mainz und Karlsruhe ist entsprechend gestaltet. Dem ist eindeutig zu entnehmen, dass der Rechtsanwalt an allen drei Standorten seiner Kanzlei tätig ist, während die anderen Rechtsanwälte jeweils in nur einer dieser Niederlassungen tätig sind. Der Durchschnittsverbraucher kann daraus schließen, dass die Präsenz des Rechtsanwaltn an den einzelnen Standorten eingeschränkt ist.
Die Rückseite der Briefbögen ist – wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat – bei der Beurteilung der Frage, ob der Rechtsanwalt die Information über das Bestehen weiterer Standorte seiner Kanzlei vorenthalten hat, in die Betrachtung einzubeziehen. Im Blick auf die Beschränkungen des Kommunikationsmittels müssen Angaben zu weiteren Niederlassungen der Kanzlei und den dort tätigen Rechtsanwälten nicht bereits auf der Vorderseite des ersten Briefbogens gemacht werden[6] 75/100, NJW 2002, 1419, 1421)). Der durchschnittlich informierte und situationsadäquat aufmerksame Verbraucher nimmt bei Anwaltsschriftsätzen auch die Rückseite des ersten Briefbogens zur Kenntnis. Er rechnet damit, dass sich hier – insbesondere bei größeren Rechtsanwaltskanzleien – Informationen zu anderen Kanzleiorten und den dort tätigen Rechtsanwälten befinden.
Die Revision der Klägerin macht ohne Erfolg geltend, bei einer Übermittlung des anwaltlichen Schriftverkehrs per Telefax oder EMail werde die Rückseite des Briefkopfes häufig nicht mitübersandt. Die Klägerin hat ihren Unterlassungsanspruch nicht darauf gestützt, dass der Rechtsanwalt es unterlässt, die Rückseite des Briefkopfes bei einer Übermittlung von Schriftsätzen auf elektronischem Wege mitzuübersenden.
Der Rechtsanwalt ist nach § 10 Abs. 1 BORA nicht verpflichtet, durch Verwendung der Begriffe „Kanzlei“ und „Zweigstelle“ kenntlich zu machen, wo er seine Kanzlei im Sinne von § 27 Abs. 1 BRAO und wo er Zweigstellen unterhält. Aus der Verpflichtung zur Angabe der Kanzleianschrift (§ 10 Abs. 1 BORA) folgt keine Verpflichtung des Rechtsanwalts, kenntlich zu machen, ob er unter dieser Anschrift seine Kanzlei im Sinne von § 27 Abs. 1 BRAO oder eine Zweigstelle betreibt.
Ein Rechtsanwalt, der – wie der Rechtsanwalt – eine Kanzlei und eine oder mehrere Zweigstellen unterhält, ist auch nach § 5a Abs. 2 UWG nicht verpflichtet, durch Verwendung der Begriffe „Kanzlei“ und „Zweigstelle“ kenntlich zu machen, an welchem von mehreren Standorten er seine Kanzlei im Sinne von § 27 Abs. 1 BRAO oder eine Zweigstelle unterhält[7].
Bei der Bezeichnung der in den Briefbögen eines Rechtsanwalts genannten Niederlassungen als „Kanzlei“ im Sinne von § 27 Abs. 1 BRAO oder als „Zweigstelle“ handelt es sich, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, nicht um eine wesentliche Information im Sinne von § 5a Abs. 2 UWG. Eine solche Angabe ist weder eine Information, die nach § 5a Abs. 3 UWG oder § 5a Abs. 4 UWG als wesentlich im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG gilt´, noch eine Information, die nach § 5a Abs. 2 UWG im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunikationsmittels wesentlich ist.
Gemäß § 27 Abs. 1 BRAO muss der Rechtsanwalt im Bezirk der Rechtsanwaltskammer, deren Mitglied er ist, eine Kanzlei einrichten und unterhalten.
„Kanzlei“ im Sinne von § 27 Abs. 1 BRAO ist demnach die Niederlassung, mit der der Rechtsanwalt seiner Kanzleipflicht genügt. Alle weiteren Niederlassungen, die der Rechtsanwalt im Bezirk dieser Rechtsanwaltskammer oder anderer Rechtsanwaltskammern errichtet, sind dagegen „Zweigstellen“ (vgl. § 27 Abs. 2 BRAO).
Für die Einstufung der Niederlassung eines Rechtsanwalts als „Kanzlei“ im Sinne von § 27 Abs. 1 BRAO kommt es danach nicht darauf an, ob der Rechtsanwalt in dieser Niederlassung den Schwerpunkt seiner beruflichen Tätigkeit hat, auch wenn dies tatsächlich meist der Fall sein wird. Die Bezeichnung der Niederlassung eines Rechtsanwalts als „Kanzlei“ im Sinne von § 27 Abs. 1 BRAO oder als „Zweigstelle“ lässt daher nicht darauf schließen, in welchem Umfang der Rechtsanwalt in der jeweiligen Niederlassung präsent ist. Durch das Fehlen dieser Angaben werden insoweit daher schon keine Informationen vorenthalten. Darüber hinaus handelt es sich bei Angaben zur Präsenz des Rechtsanwalts in seiner Kanzlei auch nicht um wesentliche Informationen im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG.
Der Bezeichnung einer Niederlassung als „Kanzlei“ im Sinne von § 27 Abs. 1 BRAO kann der Durchschnittsverbraucher auch nicht unmittelbar entnehmen, welcher Rechtsanwaltskammer der Rechtsanwalt angehört. Er weiß in der Regel nicht, im Bezirk welcher Rechtsanwaltskammer sich die Kanzlei eines Rechtsanwalts befindet. Er kann der Bezeichnung einer Niederlassung als „Kanzlei“ im Sinne von § 27 Abs. 1 BRAO daher im Allgemeinen auch nicht entnehmen, welche Rechtsanwaltskammer über den Rechtsanwalt die Aufsicht führt. Auch insoweit werden ihm durch das Fehlen dieser Angabe daher keine wesentlichen Informationen vorenthalten[8]. Im Übrigen ist ein Rechtsanwalt nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 DLInfoV verpflichtet, den Namen der Kammer anzugeben.
Das Berufungsgericht hat angenommen, der Rechtsanwalt sei nach § 10 Abs. 1 BORA verpflichtet, auf den Briefbögen einer Zweigstelle den Standort der Kanzlei im Sinne der § 27 Abs. 1, § 31 Abs. 3 BRAO anzugeben. Die hiergegen gerichtete Revision des Rechtsanwaltn ist begründet.
Aus § 10 Abs. 1 BORA ergibt sich bereits keine Verpflichtung zur Angabe des Kanzleistandorts, sondern eine Verpflichtung zur Angabe der Kanzleianschrift. Zudem hat der Rechtsanwalt auf den Briefbögen, die er für seine anwaltliche Tätigkeit in einer Zweigstelle verwendet, nach § 10 Abs. 1 Satz 1 BORA nur die Anschrift der Zweigstelle und nicht auch die Anschrift der (Haupt-)Kanzlei anzugeben.
Der Begriff „Kanzleianschrift“ im Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 1 BORA umfasst nicht nur die Anschrift der Kanzlei im Sinne des § 27 Abs. 1 BRAO, sondern auch die Anschrift von Zweigstellen.
Der Begriff „Kanzleianschrift“ wird sowohl in § 10 Abs. 1 Satz 1 BORA als auch in § 10 Abs. 1 Satz 2 BORA verwendet. Die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 2 BORA verweist zur Bestimmung dieses Begriffs auf § 31 BRAO. Die Regelung des § 31 Abs. 3 BRAO unterscheidet zwischen der Kanzleianschrift und der Anschrift von Zweigstellen. Damit korrespondiert § 27 BRAO, der zwischen der Kanzlei, die der Rechtsanwalt im Bezirk der Rechtsanwaltskammer, deren Mitglied er ist, einrichten und unterhalten muss (§ 27 Abs. 1 BRAO), und Zweigstellen, die der Rechtsanwalt im Bezirk derselben oder einer anderen Rechtsanwaltskammer errichtet (vgl. § 27 Abs. 2 BRAO), unterscheidet. Das könnte dafür sprechen, dass der Begriff „Kanzleianschrift“ im Sinne von § 10 Abs. 1 BORA nur die Anschrift der Kanzlei im Sinne des § 27 Abs. 1 BRAO bezeichnet. Danach hätte der Rechtsanwalt gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 BORA auf den Briefbögen die Anschrift der Kanzlei anzugeben, mit der er seiner Kanzleipflicht genügt. Entsprechendes gälte gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 BORA für jeden auf den Briefbögen genannten Rechtsanwalt, wenn mehrere Kanzleien oder eine oder mehrere Zweigstellen unterhalten werden.
Die Begriffe „Zweigstelle“ und „Kanzlei“ sind allerdings vom Wortsinn her keine Gegensätze. Mit dem Begriff der „Zweigstelle“ korrespondiert nach allgemeinem Sprachgebrauch der – im Gesetz freilich nicht verwandte – Begriff der „Hauptstelle“. Bei der Zweigstelle und der Hauptstelle handelt es sich jeweils um Niederlassungen der „Kanzlei“, die sich danach unterscheiden, in welcher der Rechtsanwalt seine berufliche Tätigkeit ihrem Schwerpunkt nach entfaltet[9]. Die Zweigstelle ist damit der Sache nach ebenso die Kanzlei des Rechtsanwalts wie seine (Haupt-)Kanzlei[10]. Die Anschrift der Zweigstelle ist dementsprechend ebenso eine Kanzleianschrift wie die Anschrift der (Haupt)Kanzlei.
Der Rechtsanwalt hat nach § 10 Abs. 1 Satz 1 BORA auf Briefbögen nur eine Kanzleianschrift anzugeben. Unterhält der Rechtsanwalt mehrere Niederlassungen, ist das nach dem Zweck der Regelung die Anschrift der Niederlassung, für die er anwaltlich tätig ist. Die Bestimmung des § 10 Abs. 1 Satz 1 BORA soll gewährleisten, dass der Adressat des Briefes die Anschrift der Niederlassung erfährt, von der aus der Rechtsanwalt tätig geworden ist und unter der er mit dem Rechtsanwalt Kontakt aufnehmen kann. Wird der Rechtsanwalt für eine Zweigstelle seiner Kanzlei tätig, ist das die Anschrift der Zweigstelle.
Die Beurteilung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Auch aus § 5a Abs. 2 UWG ergibt sich keine Verpflichtung des Rechtsanwalts, auf den Briefbögen, die er für seine anwaltliche Tätigkeit in einer Zweigstelle verwendet, kenntlich zu machen, an welchem Standort er seine (Haupt-)Kanzlei im Sinne der § 27 Abs. 1, § 31 Abs. 3 BRAO unterhält.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 16. Mai 2012 – I ZR 74/11
- vgl. MünchKomm-HGB/Krebs, 3. Aufl., § 37a Rn. 7[↩]
- aA Prütting in Henssler/Prütting, BRAO, 3. Aufl., § 27 Rn. 24; vgl. auch – eine Verpflichtung zur Angabe der Hauptstelle auf Briefbögen von Zweigstellen bejahend, eine Verpflichtung zur Angabe von Zweigstellen auf Briefbögen der Hauptstelle dagegen verneinend – Siegmund in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, § 27 BRAO/§ 5 BORA Rn. 88, 93, 100; Weyland in Feuerich/Weyland/Vossebürger, BRAO, 8. Aufl., § 27 Rn. 28a und 29a; Deckenbrock, NJW 2010, 3750, 3754; vgl. weiter Kopp, BRAKMitt 2007, 256[↩]
- vgl. Lemke, BRAKMitt 2008, 146, 148 f.[↩]
- vgl. Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl., § 5a Rn. 10; ferner zu § 3 UWG 1909 BGH, Urteil vom 15.07.1999 – I ZR 44/97, GRUR 1999, 1122, 1123 = WRP 1999, 1151 – EGNeuwagen, mwN[↩]
- vgl. Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 5a Rn. 29b ff.[↩]
- vgl. zur Benennung von Sozien auf der Rückseite von Briefbögen BGH, Beschluss vom 19.11.2001 AnwZ ((B[↩]
- Prütting in Henssler/Prütting aaO § 27 Rn. 24; ders., Anwaltsblatt 2011, 46, 47; aA Siegmund in Gaier/Wolf/Göcken aaO § 27 BRAO/§ 5 BORA Rn. 88; Huff, BRAKMag. 06/2007, S. 5; Deckenbrock, NJW 2010, 3750, 3754; vgl. auch Weyland in Feuerich/Weyland/Vossebürger aaO § 27 Rn. 28 ff., wonach der Hinweis auf den Charakter als Zweigstelle, nicht aber die Bezeichnung als „Zweigstelle“ erforderlich ist[↩]
- aA Siegmund in Gaier/Wolf/Göcken aaO § 27 BRAO/§ 5 BORA Rn. 93[↩]
- BGH, Urteil vom 13.09.2010 – AnwZ (P) 1/09, BGHZ 187, 31 Rn. 28[↩]
- BGHZ aaO Rn. 33[↩]