Berufsgerichtliche Verfahren – und die Feststellung des Strafurteils

Nach § 109 Abs. 3 Satz 1 StBerG sind für die Entscheidung im berufsgerichtlichen Verfahren die tatsächlichen Feststellungen im Strafverfahren bindend, auf denen die Entscheidung des Gerichts beruht.

Berufsgerichtliche Verfahren – und die Feststellung des Strafurteils

In dem berufsgerichtlichen Verfahren kann ein Gericht jedoch die nochmalige Prüfung solcher Feststellungen beschließen, deren Richtigkeit seine Mitglieder mit Stimmenmehrheit bezweifeln (§ 109 Abs. 3 Satz 2 StBerG).

Dies war hier jedoch nicht der Fall: Ausweislich der Gründe des angefochtenen Urteils sowie des in der Hauptverhandlung ergangenen Beschlusses hatte das Oberlandesgericht keine Zweifel an der Richtigkeit der strafgerichtlichen Feststellungen und legte deswegen diese Feststellungen seiner Entscheidung als bindend zugrunde. Soweit das Oberlandesgericht auf Anregung der Verteidigung zunächst Beweise zu tragenden Gründen der strafgerichtlichen Entscheidungen erhoben hatte, beruhte dies auf einer später als unrichtig erkannten und noch vor der Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers korrigierten Rechtsauffassung. Das Oberlandesgericht hat deshalb die Ergebnisse dieser Beweisaufnahme auch nicht berücksichtigt.

Die Auffassung, aus den Grundsätzen des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 04.03.1985[1] ergebe sich der Wegfall der Bindungswirkung und die Pflicht, die neu erhobenen Beweise auch zu würdigen, trifft nicht zu. Denn im dortigen Verfahren hatten Zweifel zu weiteren Ermittlungen geführt, deren Ergebnisse im Verfahren auch verwertet wurden[2]. Dies kommt insbesondere darin zum Ausdruck, dass das Gericht im dortigen Verfahren erst aufgrund der erhobenen Beweise keinen Anlass sah, die Feststellungen des Strafurteils anzuzweifeln[3].

Demgegenüber hatte das Oberlandesgericht hier gerade keine Zweifel an der Richtigkeit der in den strafgerichtlichen Urteilen getroffenen Feststellungen. Es sah sich zunächst lediglich nicht gehindert, eine Beweisaufnahme zu weiteren Umständen durchzuführen, auf die sich die Verteidigung im Rahmen ihrer gegen die Richtigkeit der strafgerichtlichen Feststellungen vorgetragenen Bedenken berief, um diese sich nicht aus den strafgerichtlichen Urteilen ergebenden Gesichtspunkte näher aufzuklären. Die vom Oberlandesgericht noch vor seiner Entscheidung korrigierte Auffassung war zwar unrichtig, weil nur die Beseitigung von Unklarheiten oder Widersprüchen in den Strafurteilen oder die Ermittlung zusätzlicher, ihnen nicht zugrunde liegender Tatsachen Gegenstand einer Beweisaufnahme sein durfte[3]. Sie offenbart aber nicht, dass das Oberlandesgericht Zweifel an der Richtigkeit der strafgerichtlichen Feststellungen gehabt hätte. Die Bindungswirkung bestand daher fort; rechtsfehlerfrei hat das Oberlandesgericht somit die unzulässig erhobenen Beweise auch nicht verwertet.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28. September 2015 – StbSt(R) 2/15

  1. BGH, Urteil vom 04.03.1985 – AnwSt (R) 22/84, BGHSt 33, 155[]
  2. BGH, Urteil vom 04.03.1985 – AnwSt (R) 22/84, aaO S. 158 f.[]
  3. BGH, Urteil vom 04.03.1985 – AnwSt (R) 22/84, aaO[][]